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Die letzte Station



Eine Kritik zu Jong chak yeok

Vier junge Schülerinnen die Teil eines Fotografie-Klubs sind bekommen die Aufgabe, mit altmodischen Kameras über die Sommerferien ein Foto vom Ende der Welt zu machen. Sie kommen auf die Idee, bis ans Ende einer Bahnlinie zu fahren, um dort die Fotos zu schießen. Doch der Ausflug verläuft anders als geplant, das Ende der Bahnlinie sieht nämlich gar nicht so richtig nach dem Ende der Welt aus. So verlängert sich ihr Ausflug über den Tag hinweg, und die vier Freundinnen streunen durch das ländliche Korea - lachend, hartnäckig und wissbegierig.

Jong chak yeok ist eine der Sorten Film, die - Festivalgänger und gekonnte Streuner der Filmlandschaft mal ausgenommen - den meisten Leuten verwehrt bleibt. Filme ohne wirkliche Struktur, ohne gewisse Punkte in Charakterentwicklung die abgehakt werden müssen, ohne wirkliches Ziel – ein Film, der schlicht und einfach eine Geschichte aus dem Leben erzählt. Hier, anders als andere Vertreter dieser Art von Filmen, noch mit einem gewissen Grundsatz, einem vermeintlichen Endpunkt ausgestattet, pendelt der Film vor sich hin und schafft es dabei durch seine verspielte Einfachheit und seine quirligen Hauptcharaktere simpel zu unterhalten. In diesem Fall geht es auch nur vermindert darum, den Zuschauer emotional zu bewegen – auch wenn der Film bei manch einem Gefühle von Melancholie und Erinnerungen an laue Sommertage hervorrufen könnte – sondern ihm schlicht und einfach an einem Tag aus dem Leben der Protagonistinnen teilhaben zu lassen.
© Tiger Cinema & DGC

Die Einfachheit wird dem Film zum größten Vorteil. So schafft er es über seine recht kurze Laufzeit stets zu unterhalten. Dies liegt teilweise an den erfrischend real wirkenden Dialogen, sowie als auch an dem glaubhaften Schauspiel aller Kinderdarsteller. Es ist hier nicht wichtig, sich mit einem der Charaktere identifizieren zu können, es ist hier nicht wichtig emotional in die Geschichte investiert zu sein, das Wichtige ist sich zurückzulehnen und sich auf das Gebotene einzulassen. Wenn man dies tut, bekommt man genau die blühend frischen Dialoge die man erwartet. Und genau dann wird einem Jong chak yeok auch am meisten zusagen.

Denn wenn man auf entspannte, ruhige und komfortable Unterhaltung ohne viel Melodram, ohne jegliche Konflikte und ohne musikalische Untermalung einstellt, bekommt man auch genau das zurück. Der Film spielt nicht mit den Erwartungen und versucht den Zuschauer nicht in irgendeiner Weise auszutricksen. Ganz im Gegenteil, der Film gibt einem genau das Erhoffte in herzlicher, sich jung-anfühlender Manier. Mit netten Ideen, wie beispielsweise dem Zuschauer die geschossenen Fotos nicht vorzuenthalten, hinten heraus auch mit Gedanken-anregenden Gesprächen die es schaffen die Atmosphäre bei solchen etwas schwerwiegenden Themen gut einzufangen und mit einem Auge für die kleinen Details ausgestattet macht sich Jong chak yeok auf den Weg durch unbekanntes Land und liefert dabei komfortables, frisches und simples Wohlfühlkino. Im Freiluftkino, unter Menschen und hoffentlich mit der langsam untergehenden Sonne im Rücken dürfte der Film dann wohl seine komplette Wirkung – schöne Erinnerungen hervorzurufen – entfalten können.
09.06.2021, Yaron

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