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Die letzten Tage



Eine Kritik zu Last Days At Sea
Meeresrauschen und eindrucksvolle Naturaufnahmen. Viele Gespräche aus dem Off, die mit anderen Bildern untermalt sind. In Last Days At Sea begleiten wir mit Regisseurin und Kamerafrau Venice Atienza den Jungen Reyboy, der seine letzten Tage am Meer in seinem abgeschiedenen Heimatdorf verbringt, bevor er für die weiterführende Schule in die Stadt zieht. Von Anfang an kommt das Gefühl von Familie und Geborgenheit auf. Die Dorfbewohner*innen nehmen Venice offen und herzlich auf, sodass sich auch das Publikum schnell zuhause fühlt.

Nicht die Handlung überzeugt in diesem Film, sondern das Beobachten. Ein Gefühl von Sommer und Leichtigkeit kommt auf. Für etwas über eine Stunde entziehen wir uns dem Stadtalltag und landen am Meer. Graben die Füße in den Sand, gehen schwimmen, baden uns in der Sonne, essen philippinische Küche und fühlen die Liebe und den Respekt unserer Mitmenschen.

Doch es ist kein leichtes Leben, auf die Fischerei angewiesen zu sein, auch das wird klar gemacht. Die Meere sind vom kommerziellen Fischfang fast leergefischt und die Fischermänner müssen nachts immer weiter auf das Meer hinaus, um dann mit nur zwei Fischen zurückzukehren. Manchmal kehren sie auch gar nicht zurück. Um diesem Leben zu entkommen, werden die Kinder zum Lernen weit weg geschickt.

Aber obwohl sie so einem vermeintlich besserem Leben entgegensteuern, stellt sich die Frage, wieviel besser sie es tatsächlich haben werden. Aus Reyboys Erzählungen geht hervor, dass viele Kinder kaum noch in das Dorf zurückkehren. Stattdessen befinden sie sich ständig unter Leuten, für die Teilen keine Selbstverständlichkeit ist. Reyboy selbst ist erstaunt, als Venice ihm erzählt, wie anders das Leben in der Stadt ist.

Last Days At Sea erzählt von Abschied und Neuanfängen. Vom Leben in der Natur. Von der Freundschaft zwischen einer jungen Frau und einem Kind, die hätten Geschwister sein können. Das Band der beiden ist bis zur letzten Sekunde zu spüren, in der die beiden gemeinsam die Insel verlassen und ihrer getrennten Wege gehen.
Als der Abspann läuft, bin ich unerwartet berührt. Es ist der letzte Film des diesjährigen Berlinalemarathons für mich und so nehme ich den Abschied, den der Film begleitet, noch einmal ganz anders wahr. Es ist der perfekte Ausklang für das Online-Festival.
09.06.2021, Johanna Gosten

© Bild: Venice Atienza

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